«Fussballerinnen sind härter»

Ana Markovic spielt bei den Grasshoppers auf dem linken Flügel. Ein TV-Match machte sie ein bisschen berühmt.

Veröffentlicht in Die Weltwoche, 25. November 2020

Bild: Zvg.

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Ich arbeite in einem Fitnesscenter als Personaltrainerin, 60 Prozent, weil ich sonst keine Zeit für die Berufsmatur hätte. Ich möchte Sportlehrerin oder Polizistin werden. Am Abend trainiere ich bei GC, wo ich auf dem linken Flügel spiele. Das ist meine Leidenschaft, ich war immer sportbegeistert. Mit sechs begann ich mit Kunstturnen, lernte Disziplin und Ordnung bei strengen Leiterinnen. Immer aufrecht laufen, ladylike sein, Gwändli tragen und Glitzer in den Haaren waren ein Muss. Dieses Mädchenhafte passte mir. Bei mir ist heute noch alles pink, auch die Nockenschuhe.

Aufgewachsen bin ich in Urdorf bei meiner kroatischen Mutter und meinem Stiefvater, einem Schweizer. Ganz früher wollte ich Anwältin werden, ich muss mich immer rechtfertigen. Meine eineinhalb Jahre jüngere Schwester, heute beim FC Luzern, war früh fussballbegeistert, ich überhaupt nicht. Mit zwölf begann ich auch Fussball zu spielen, und mit vierzehn entschied ich mich gegen das Geräteturnen. Beides gleichzeitig war unmöglich.

«Ich musste mich schminken»

Dann ging alles schnell: Mit fünfzehn holte mich der FCZ in die U21. Ich hatte Mühe, ich war eine der Jüngsten, das Kader riesig und alle anderen so gut. Als sich einige verletzten, bekam ich meine Chance. Heute spiele ich bei GC. Ich wechselte, weil ich beim FCZ keine Zukunft sah. Ich wollte unbedingt in der NLA spielen, aber in Zürich bleiben. Zwar ist so ein Wechsel innerhalb von Zürich heikel, aber wir Frauen haben es gut miteinander. Ich wurde dann auch gut empfangen. Zum Glück! Ich hatte nämlich Angst, dass ich nicht reinpassen würde. Vielen ist es egal, wenn die Haare nicht sitzen, bei mir müssen sie fast perfekt sein. Wenn ich auf dem Platz stehe, möchte ich gut aussehen. Dann fühle ich mich wohl. Meist bin ich ungeschminkt, weil Make-up stört, wenn man schwitzt. Beim Match kürzlich gegen YB musste ich mich schminken, weil das Spiel im Fernsehen übertragen wurde. Die Haare glätten, zusammenbinden, dann Haarspray, dazu Schminke, das dauerte lange, wie man es von den Frauen kennt. Kurz vor dem Match nachschminken, und ich war ready.

Mein Instagram ging danach ab. Fast tausend Abonnenten kamen hinzu, das Aussehen hat sicher geholfen. Influencerin zu sein, war aber nie mein Ziel. Heute habe ich viele Anfragen. Fussballsocken, Gym-Kleider werden mir zugeschickt. Dafür werbe ich jetzt mal und schaue, was passiert.

Ausgang geht nicht

Mich persönlich geht die sexuelle Orientierung der Mitspielerinnen nichts an. Jeder darf lieben, wen er möchte. Ich weiss nicht, ob es im Frauenfussball mehr Homosexuelle gibt. Wir haben aber definitiv einen sehr offenen Umgang.

Leider verdienen wir nichts, nur Spielprämien. Dass Frauen in der Sportwelt nicht so viel wie die Männer verdienen, ist mir bewusst. Aber die Hoffnung stirbt ja zuletzt. Fussballerinnen sind übrigens härter im Nehmen als die Männer. Kürzlich renkte sich eine Mitspielerin den Finger aus – und gleich selber wieder ein. Sie spielte einfach weiter. Das würde ein Mann nie tun, schon gar nicht Cristiano Ronaldo, mein Lieblingsspieler. Dieser Typ ist so stark im Kopf, sein Wille fasziniert mich. Seinetwegen trage ich die Nummer 7. Hübsch finde ich ihn jedoch nicht. Definierte und athletische Fussballerkörper gefallen mir aber schon.

Mein Freund muss nicht unbedingt Fussballer sein, sportlich sicher, und ich sage immer, Fussball verbindet halt. Cool wäre schon, am Wochenende den Match vom Freund schauen zu gehen. Ausgang geht ja sowieso nicht, ausser in der Saisonpause.

Aufgezeichnet von Roman Zeller

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